Handwerkertipp: «Der Eigentümer trägt eine Mitverantwortung.»

Stockargut
Stockargut © Archäologie und Denkmalpflege Kanton Zürich

Am 14. und 15. September werden die Europäischen Tage des Denkmals gefeiert. Dieses Jahr drehen sie sich um das Thema Farben. Wir haben bei Roger Strub, Stv. Kantonaler Denkmalpfleger und Ressortleiter Bauberatung des Kantons Zürich nachgefragt, worauf Besitzer von denkmalgeschützten Objekten bezüglich Farbe achten müssen.

Herr Strub, Stv. Kantonaler Denkmalpfleger und Ressortleiter Bauberatung, weshalb ist der Schutz von Gebäuden so wichtig?
Roger Strub:
Der Mensch hat ein Bedürfnis nach Erinnerung. Diese stützt sich wesentlich auf Orte und Objekte. Es geht darum, wertvolles Kulturerbe treuhänderisch zu bewahren und an die nächste Generation zu vererben bzw. weitergeben zu können. Gleichzeitig stellen die historischen Zeugnisse auch in der Gegenwart einen Wert dar: Denkmäler bereichern unsere heutige Lebenswelt, sind immer wieder eine Quelle der Freude und Inspiration.

Ich habe mir ein Haus gekauft, welches denkmalgeschützt ist. In Zuge einer Sanierung würde ich auch gerne die Fassadenfarbe verändern. Was ist dabei erlaubt?
Grundsätzlich ist die bauzeitliche Farbgebung Orientierungspunkt für das weitere Vorgehen. In manchen Fällen fehlen jedoch die Angaben zur ursprünglichen Farbigkeit. Dann geht es darum, gemeinsam eine adäquate, zum Bautyp und zur Epoche passende Farbgebung zu finden. Sprich: Allzu ausgefallene Farben wie beispielsweise Neongrün werden wohl nicht zum Zug kommen.

Welches Vorgehen raten Sie Besitzern von geschützten Gebäuden in solchen Fällen?
Nehmen Sie frühzeitig mit der Denkmalpflege Kontakt auf. Holen Sie sich professionelle Unterstützung, die im Umgang mit Denkmalschutzobjekten vertraut ist.

Wie wird die Farbgebung eines geschützten Hauses bestimmt? Von welchen Faktoren ist dies abhängig?
Man geht häufig vom aktuellen Erscheinungsbild aus. Zudem spielt der historische Befund am Objekt selber und der Vergleich mit ähnlichen Objekten genauso eine Rolle wie auch die Bedürfnisse und Wünsche der Bauherrschaft.

Welche Produkte empfehlen Sie für den Aussen- und Innenbereich?
Wir empfehlen die Benutzung von erprobten und bewährten Produkten, mit welchen man Langzeiterfahrung hat. Dabei sollte der ausführende Unternehmer auf eine akkurate Materialwahl (Anstrichstoffe) im Spannungsfeld der Reversibilität (Schutz des Originals), der Pflegbarkeit, der Bauphysik (Dampfdiffusion) und der Nachhaltigkeit achten. Die meisten grösseren Farbhersteller bieten heutzutage spezielle Produkte für den Einsatz in der Denkmalpflege an.

Vor einigen Jahren hat der Vorbesitzer meines Hauses die Fassade mit Dispersion gestrichen. Bei der Sanierung verlangt die Denkmalpflege nun aber einen mineralischen Anstrich. Wie viel Toleranz und welche kostengünstigen Möglichkeiten habe ich?
Die Denkmalpflege schaut sich jedes Haus einzeln an und wird in einem solchen Fall kaum je unbesehen einen rein mineralischen Anstrich verlangen, da dieser gar nicht haften würde. In solchen Fällen ist es immer eine Abwägung zwischen dem Schadenspotenzial, welches die Dispersionsfarbe für das Gebäude und seine Zukunft hat und dem Aufwand, diese zu entfernen.

Zwischen der Denkmalpflege und den Hauseigentümern besteht häufig ein Interessenskonflikt. Sie möchten das Objekt schützen und die Hauseigentümer möchten es vor allem ihren Wünschen und Bedürfnissen entsprechend nutzen. Wie kann der Spagat zwischen Schutz und den Ansprüchen der Eigentümer gemeistert werden und wie viel Spielraum hat ein Bauherr?
Genau das ist die Aufgabe der denkmalpflegerischen Bauberatung, welche die Ansprüche der Bauherrschaft immer ernst nimmt. Die Eigentümerschaft eines Schutzobjekts trägt eine Mitverantwortung für das Erbe gegenüber der Nachwelt. Dessen sollte sich ein Hauseigentümer bewusst sein. Oft ergibt sich für den Eigentümer im Gespräch mit der Denkmalpflege ein ganz neues Wissen über sein Haus. In unserem Archiv lagern zu jedem Schutzobjekt spannende Informationen, historische Abbildungen, Geschichten über Vorbesitzer. Wir laden jeden Hauseigentümer ein, einmal in das Dossier seines Hauses Einsicht zu nehmen. Ein Eigentümer dankte uns einmal «für den Zwang zur Erhaltung», der ihm ein ganz neues Verhältnis zu seinem Haus ermöglicht hat.

Roger Strub
Roger Strub
ist stellvertretender kantonaler Denkmalpfleger und Ressortleiter Bauberatung des Kantons Zürich.

Le Pavillon, Le Corbusier © Archäologie und Denkmalpflege Kanton Zürich

Vom 14. bis am 15. September 2019 finden die Europäischen Tage des Denkmals statt. In der ganzen Schweiz können an diesen beiden Tagen unter dem Motto «Farben» kostenlose Veranstaltungen zum baukulturellen Erbe der Schweiz besucht werden. Machen Sie in Zürich eine Führung durch den farbenfrohen Ausstellungspavillon von Le Corbusier oder begeben Sie sich auf eine architektonische Zeitreise durch das Stockargut. Oder werfen Sie einen Blick ins Bauteillager der Denkmalpflege in Dübendorf und entdecken Sie längst verschollen geglaubte Trouvaillen.

Weitere Programmpunkte in Ihrer Region finden Sie hier:
www.nike-kulturerbe.ch/.

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